12 September 2008

BGH zum "Schwarzhandel" mit Bundesligakarten

Nr. 170/2008 Der u.a. für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte gestern darüber zu entscheiden, ob der Hamburger Sportverein (HSV) verhindern kann, dass von ihm nicht autorisierte Händler Eintrittskarten für Heimspiele des HSV anbieten.

Der HSV vertreibt die Eintrittskarten in autorisierten Verkaufsstellen, nach telefonischer Bestellung und über das Internet. Nach Nummer 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) für den Kartenverkauf sagt der Erwerber verbindlich zu, die Eintrittskarte(n) ausschließlich für private Zwecke zu nutzen. Die Beklagten bieten gewerblich im Internet Karten für Fußballspiele – auch für Heimspiele des HSV – an, wobei die Preise regelmäßig erheblich über dem offiziellen Verkaufspreis liegen. Sie erwerben die Karten entweder direkt vom HSV, ohne sich als kommerzielle Anbieter zu erkennen zu geben, oder von Privatpersonen. Der HSV hat den Kartenhandel der Beklagten als wettbewerbswidrig beanstandet. Das Landgericht Hamburg hat der Unterlassungsklage des HSV stattgegeben. Das Oberlandesgericht Hamburg hat dieses Urteil bestätigt.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der HSV den Beklagten den Handel mit den Eintrittskarten nur teilweise untersagen lassen kann. Er muss es nicht hinnehmen, dass die Beklagten von seiner Vertriebsorganisation Karten zum Zwecke des Weiterverkaufs beziehen. Er kann den Beklagten aber nicht den Handel mit Eintrittskarten verbieten, die sie von Privatpersonen erworben haben.

Im autorisierten Vertrieb des HSV können die Beklagten die Karten nur kaufen, wenn sie über ihre Wiederverkaufsabsicht täuschen. Beim Erwerb der Karten von der Verkaufsorganisation des HSV gelten für die Beklagten – unter den vorliegenden Umständen – dessen AGB. Der HSV hatte den Beklagten seine AGB im Zuge einer Abmahnung unter ausdrücklichem Hinweis darauf übersandt, dass eine Abgabe von Karten an Wiederverkäufer ausgeschlossen sei. Es steht dem HSV – so der BGH – frei, einen Kartenverkauf an gewerbliche Kartenhändler abzulehnen. Gegen die Wirksamkeit der entsprechenden Klausel in den AGB bestünden keine Bedenken. Bei dem – in der Absicht des Weiterverkaufs erfolgenden – Erwerb der Karten durch die Beklagten oder ihre Mitarbeiter handele es sich um einen unlauteren Schleichbezug, zu dessen Unterlassung die Beklagten wettbewerbsrechtlich verpflichtet seien.

Erwerben die Beklagten über Suchanzeigen in Sportzeitschriften Karten von Privatpersonen, täuschen sie indessen nicht über ihre Wiederverkaufsabsicht. Soweit private Verkäufer mit dem Verkauf von Eintrittskarten an die Beklagten gegen die gegenüber dem HSV eingegangene vertragliche Verpflichtung verstoßen, ist das Verhalten der Beklagten – so der BGH – auch nicht unter dem Aspekt des Verleitens zum Vertragsbruch oder der Ausnutzung fremden Vertragsbruchs wettbewerbswidrig. Darin, dass die Beklagten in einer an die Allgemeinheit gerichteten Anzeige ihre Bereitschaft ausdrücken, Eintrittskarten von Privatpersonen zu erwerben, liege noch kein unlauteres Verleiten zum Vertragsbruch. Das Ausnutzen eines fremden Vertragsbruchs sei grundsätzlich nicht wettbewerbswidrig. Es sei nicht Aufgabe eines Dritten, für die Einhaltung vertraglicher Abreden zu sorgen, die der HSV mit den Käufern von Eintrittskarten schließe. Dies gelte auch, wenn der HSV mit diesen Abreden legitime Interessen der Stadionsicherheit und der Einhaltung eines sozial verträglichen Preisgefüges verfolge.

Urteil vom 11. September 2008 – I ZR 74/06 – bundesligakarten.de
OLG Hamburg, Urt. v. 5.4.2006 – 5 U 89/05 (OLG-Rep 2007, 66) LG Hamburg, Urt. v. 12.5.2005 – 315 O 586/04
Karlsruhe, den 12. September 2008

01 September 2008

Dresdner Bank für 9,8 Milliarden Euro an Commerzbank verkauft

München (Deutschland), 01.09.2008 – Die größte Bankenfusion in der deutschen Geschichte wurde am gestrigen Sonntag von der deutschen Allianzgruppe auf den Weg gebracht. Die Dresdner Bank, die der Allianz gehört, geht für 9,8 Milliarden Euro an die Commerzbank. Die Allianz bürgt jedoch weiterhin mit einer Milliarde Euro für mögliche weitere Verluste der Dresdner Bank im Zuge der internationalen Finanzkrise. Der traditionsreiche Markenname „Dresdner Bank“ wird mit der Übernahme durch die Commerzbank wahrscheinlich vom deutschen Finanzmarkt verschwinden. Das neue Gebilde kann auf ein Netz von 1200 Filialen und zwölf Millionen Kunden verweisen und wird damit die größte Bank für Privatkunden nach der Postbank in Deutschland sein.

In einer Pressemitteilung der Allianzgruppe wird die neue Bank sich in den Geschäftsfeldern „Privat- und Geschäftskunden, Mittelstandsbank, Mittel- und Osteuropa, Corporates & Markets (einschließlich öffentlicher Finanzierung) sowie Commercial Real Estate“ betätigen. Der Aufsichtsrat der Allianz stimmte dem Verkauf am gestrigen Sonntag zu. Die Allianz geht dabei von „Ertrags- als auch Kostensynergien“ in Höhe von fünf Milliarden Euro aus. Zu den Synergieeffekten muss wohl auch der angekündigte Abbau von insgesamt 9000 Stellen (davon 2.500 im Ausland) gezählt werden. Der geplante massive Arbeitsplatzabbau in den Bereichen Abwicklungs-, Steuerungs- und Produktionseinheiten sowie im Investmentbanking ist wohl auch der Grund für das Nein der Belegschaftsvertreter im Aufsichtsrat der Allianz zu den Verkaufsplänen. Wie verlautete, soll jedoch insbesondere das Filialnetz weitgehend erhalten bleiben, so Commerzbank-Finanzvorstand Eric Strutz: „Wir wollen vor allem dort Einsparungen vermeiden, wo wir mit unseren Kunden in Kontakt sind.“ Die Schließung von Filialen ist jedoch dennoch dort zu erwarten, wo die Filialen der „grünen“ und der „gelben“ Bank bisher nur wenige Meter auseinander lagen. Auch die Zukunft der Filialen der Dresdner Bank-Tochter „Dresdner Direct 24“ ist noch nicht abschließend geklärt. Sprecher der Commerzbank erklärten heute außerdem, man wolle bis Ende 2011 auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten.

Mit dem Verkauf entledigt sich die Allianz als Besitzerin der Dresdner Bank jährlicher Verluste der Dresdner Bank in Höhe von 742 Millionen Euro. Nach der Finanzkrise in den USA war auch die Dresdner Bank nicht von Abschreibungen in Milliardenhöhe verschont geblieben. Insgesamt musste die Bank seit dem Beginn der internationalen Finanzkrise bisher drei Milliarden Euro abschreiben.

Die Begeisterung von Analysten über den Bankendeal hält sich indes in Grenzen. Mit einem Kaufpreis von fast 10 Milliarden Euro erscheint ihnen der Wert der Dresdner Bank überbewertet, überdies seien Gewinne aus dem Zusammenschluss erst ab dem Jahr 2011 zu erwarten. Der Aktie der Commerzbank wird mittelfristig jedoch ein gute Perspektive als Wertanlage bescheinigt. Heute wurden Aktien der Commerzbank jedoch in hohem Maße verkauft, der Kurs sank zeitweilig um zehn Prozent.

Die Übernahme der Dresdner Bank soll sich in zwei Schritten vollziehen und wird erst Ende 2009 abgeschlossen sein. Die Allianz wird mit einem Anteil von 30 Prozent der Aktien größter Aktionär der neuen Bank werden. Aufsichts- und kartellrechtliche Genehmigungen für die Übernahme stehen noch aus. +wikinews+