Düsseldorf (Deutschland), 29.11.2006 – Das Düsseldorfer Landgericht stellte heute den so genannten Mannesmann-Prozess ein. Die Angeklagten hatten sich zur Zahlung von 5,8 Millionen Euro an Wohltätigkeitsorganisationen und in die Staatskasse bereit erklärt.
Einer der spektulärsten deutschen Wirtschaftsprozesse endete so zwar nicht mit einem Freispruch. Die Angeklagten – Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, der ehemalige IG-Metall-Vorsitzende Klaus Zwickel sowie Ex-Mannesmann-Chef Klaus Esser – können den Gerichtssaal jedoch nun als juristisch unbelastete Personen verlassen. Ackermann hätte mit einer Vorstrafe wahrscheinlich nicht Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank bleiben können. Den größten Anteil der Zahlungen leistet Josef Ackermann mit 3,2 Millionen Euro, Klaus Esser zahlt 1,5 Millionen Euro. Richter Drees sagte zur Begründung der Verfahrenseinstellung, es bestehe kein öffentliches Interesse an einer weiteren Strafverfolgung.
Der Prozess sollte klären, inwiefern den Angeklagten im Zusammenhang mit der feindlichen Übernahme des Röhren- und Telekommunikationskonzerns Mannesmann durch Vodafone Untreue vorzuwerfen sei. In ihrer damaligen Eigenschaft als Mitglieder des Aufsichtsrates sollten sie für ihre Zustimmung zur Zahlung von Abfindungen in Höhe von 60 Millionen Euro an die damaligen Manager des Mannesmannkonzerns zur Rechenschaft gezogen werden. Ein erster Freispruch durch das Landgericht Düsseldorf war in einer Revisionsverhandlung auf Betreiben der Bundesanwaltschaft vom Bundesgerichtshof (BGH) zunächst aufgehoben und an das Düsseldorfer Landgericht zurückverwiesen worden. Das zweite Verfahren wurde Ende Oktober eröffnet.
Der Ausgang des Prozesses traf in der deutschen Öffentlichkeit auf ein unterschiedliches Echo. Die Deutsche Bank freute sich, „dass Herr Dr. Ackermann mit voller Kraft den erfolgreichen Kurs der Deutschen Bank weiterführen wird“, so Aufsichtsratschef Clemens Börsig. Kommentatoren der FAZ und des Handelsblatts bezeichneten die Einstellung des Verfahrens vor dem Hintergrund der geleisteten Zahlungen als „modernen Ablasshandel“. Es wird darauf verwiesen, dass die Geldstrafe trotz ihrer augenscheinlichen Höhe für den Chef der Deutschen Bank kein wirkliches Problem darstelle. Ackermann gab sein Jahreseinkommen bei der Bank selbst mit 11,9 Millionen Euro an. Experten erwarten immerhin, dass als Folge des Mannesmann-Prozesses die finanziellen Anreize für Manager im Übernahmepoker sinken werden und entsprechend deren Neigung, die von ihnen geführten Unternehmen zu verkaufen. Politiker kommentierten das Ende des Prozesses ebenfalls. Peter Ramsauer, CSU-Landesgruppenchef im Deutschen Bundestag, sagte: „Wie eine solche Freikaufaktion auf das gesunde Rechtsempfinden der Menschen im Lande wirkt, so wirkt es auch auf mich.“ Matthias Berninger, wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Deutschen Bundestag, teilt diese Skepsis seines CSU-Kollegen. Seiner Meinung nach untergräbt das Ende des Verfahrens das Vertrauen in den Rechtsstaat. +wikinews+